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Das Gezeitenpotential
Das Gezeitenpotential ist eine messbare physikalische Größe.
Gezeiten entstehen dadurch, dass der Mond mit seiner Masse die Erde anzieht. Dabei werden nicht nur das Wasser auf der Erdoberfläche, sondern auch Moore, Eisflächen und bewegliche Schichten der Erdkruste verformt. Auf der gegenüberliegenden Seite bewegt die Fliehkraft aufgrund der Drehung des Mondes und der Erde um einen gemeinsamen Mittelpunkt (Baryzentrum genannt) das Wasser (und die beweglichen Schichten) ebenfalls zu einem „Flutberg“ vom Mittelpunkt weg.
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Auch die Sonne wirkt in dieser Weise, nur viel schwächer, auf die Erde. So ergeben sich vier besondere Stellungen von Sonne, Mond und Erde. Zu Vollmond und Neumond stehen die Sonne und der Mond in einer Linie (bei Vollmond auf der entgegengesetzten Seite der Erde). Dadurch summiert sich die Anziehungskraft zu einer sogenannten Springtide.
Steht die Sonne sozusagen im rechten Winkel zum Mond, erzeugen beide ihre eigenen Flutberge und Ebbetäler genau so, dass sie sich jeweils entgegenwirken. Dadurch sind die Gezeiten besonders „leicht“ und die sogenannte Nipptide entsteht.
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Diese Kräfte wirken nicht nur auf große Wassermassen, sondern überall auf der Erdoberfläche. Das Gezeitenpotential gibt an, wie groß die mögliche Verformung beweglicher Materialien auf der Erdoberfläche ist. Je nach Materialeigenschaften und der Höhe des Potenzials verformen sich die verschiedenen Substanzen an einem bestimmten Ort unterschiedlich stark.
Wie kann man diese Kräfte berechnen?
In der folgenden Grafik sind die beteiligten Komponenten schematisch dargestellt. Die Kraft, die unsere Gezeiten hervorruft, ist die Gezeitenbeschleunigung. Der kleine hellblaue Pfeil in der Grafik.
Man nennt das auch eine vektorielle Größe, weil sie einen Betrag (die Kraft) und eine Richtung hat, in die sie wirkt. Sowohl die Richtung als auch die Kraft der Gezeitenbeschleunigung ergeben sich aus zwei anderen vektoriellen Größen: aus der Fliehkraft (b0) und der Anziehungskraft des Himmelskörpers (b). Diese beiden Kräfte haben zwar den gleichen Betrag, wirken aber nicht in die gleiche Richtung. Daher ergbt sich eine vektorielle Differenz zwischen Fliehkraft und Gravitation. Das ist dann die Gezeitenbeschleunigung (bt). Bewegliche Massen, zum Beispiel Wasser, werden dann in Richtung dieser Kraft gedrückt – und zwar unweigerlich!
Größe und Richtung von bt kann man entweder grafisch durch ein Parallelogramm – wie in unserer Zeichnung – oder durch mathematische Berechnung ermitteln. Zenraler Bestandteil dieser Formeln ist der Winkel zwischen Erdmittelpunkt, Standpunkt auf der Erdoberfläche und Himmelskörper. So ergibt sich für jeden Punkt der Erdoberfläche ein anderer Vektor für bt. Das sieht man deutlich in der folgenden Abbildung:
Für einzelne Punkte auf der Erdoberfläche mögen die Kräfte unterschiedlich sein, jedoch ist das Gesamtsystem immer im Gleichgewicht. Deshalb nennt man die Wirkung der Gezeitenkräfte – also alle blauen Pfeile zusammengenommen – auch die Gleichgewichtsgezeit.
Die Gezeitenbeschleunigung an einem Punkt auf der Erde ändert sich permanent, da die Erde sich weiter dreht, sich dabei um die Sonne bewegt und der Mond um die Erde kreist. Das bewirkt schöne harmonische Schwingungen, die sich aus den drei Bewegungen – und noch einigen anderen Komponenten – zusammensetzen. Im Bild haben wir einmal ein Beispiel dieser Schwingungen für einen Monat dargestellt.
Welche Positionen von Sonne und Mond führen zu einem tiefen Gezeitenpotential?
Leider ist die Berechnung dieser Schwingungen nicht so einfach. Also haben wir ein Rechenmodell programmiert, das die Positionen von Sonne und Mond für beliebige Orte und Zeiten (nach MEEUS, Jean 1998; VSOP87D) und das zugehörige Gezeitenpotential (Potentialentwicklung mit n-ten Legendre-Polynomen) berechnen kann. Bei der Berechnung und der Darstellung haben wir uns, für eine bessere Vergleichbarkeit, an der Animation der Gleichgewichtsgezeit vom Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie orientiert.
Jeder Ort auf der Welt besitzt sein eigenes Gezeitenpotential zu einem bestimmten Zeitpunkt. Am besten lässt sich anhand von Beispielen zeigen, welche Stellungen von Sonne und Mond zu einem tiefen Gezeitenpotential führen. Dazu dienen uns Abbildungen, die die Stellung von Sonne und Mond gemeinsam mit dem resultierenden Gezeitenpotential auf einer Weltkarte zu einem bestimmten Zeitpunkt darstellen.
Abbildungen des Gezeitenpotentials (Legende):
Vordergrund: Rot = hohes (positives) Gezeitenpotential
Blau = niedriges (negatives) Gezeitenpotential
Weiß = Übergang d.h. Werte um null
gelber Ring = Position der Sonne
grauer Ring = Position des Mondes
rotes Kreuzsymbol = ein Ort in Deutschland bei 12° östlicher Länge und 52° nördlicher Breite.
Hintergrund: Kartendarstellung: Flachkarte mit den Umrissen der Kontinente und Ozeane abgeleitet aus Blue Marble Next Generation von Reto Stöckli, NASA Earth Observatory (2004); in unserer 3D-Animation verwenden wir die o.g, Blue Marble NG selbst.
1. Neumond
In der Abbildung sieht man, dass Sonne und Mond nahezu übereinander stehen, was dazu führt, dass das hohe Gezeitenpotential auf beiden Seiten der Erde zu einer Kreis-ähnlichen Form zentriert wird. Die übrigen Bereiche haben ein besonders tiefes Potenzial. Vorhin haben wir festgestellt, dass Sonne und Mond zu Neumond in dieser Position stehen.
2. Vollmond
Auch zum Vollmond, wenn der Mond genau auf der gegenüberliegenden Seite der Erde steht, sind die Bereiche der hohen Gezeitenpotentiale zentriert und die tiefen Bereiche besonders tief.
Bemerkung: dass die roten Bereiche nicht kreisförmig aussehen, liegt an der Projektion auf die Flachkarte, bei der die Bereiche zu den Polen hin immer mehr in die Breite verzerrt werden. Daher zeigen wir das auch an einer 3D-Animation.
3. Zunehmender und abnehmender Mond
Im zunehmenden und abnehmenden Mond werden die Gezeitenpotentiale immer weiter „gestreckt“ oder „gemischt“, je weiter die Sonne und der Mond zur Nipptide, also ihrer rechtwinkligen Stellung kommen. Zu diesen Zeiten verkürzen sich die tiefen Gezeitenpotentiale, für einen Ort betrachtet, erheblich und erreichen auch nicht so tiefe Werte wie zur Springtide.
Daraus könnte man schließen, dass immer zu Vollmond oder Neumond gute Mondholz-Termine vorliegen. Hier kommen allerdings noch die Bahnen und Neigungen von Sonne und Mond gegenüber der Erde ins Spiel. Die Erde kreist nicht genau auf der Ebene des Äquators um die Sonne, sondern ist um 23,5° geneigt. Außerdem bewegen sich die Planeten und der Mond nicht auf kreisförmigen, sondern auf elliptischen Bahnen. Dadurch entstehen nicht nur die Jahreszeiten, sondern auch die Tatsache, dass Sonne und Mond aufsteigend und absteigend, über oder unter dem Äquator stehen.
Auf dieser Seite wird das Ganze anschaulich erklärt.
Schauen wir uns ein Beispiel an, was das Ganze für das Gezeitenpotential bedeutet. Im Sommer steht die Sonne nördlich des Äquators. Das führt dazu, dass auf der Nordhalbkugel tagsüber (wenn Holz gefällt werden kann) ein hohes Gezeitenpotential herrscht. Selbst wenn der Mond ein Vollmond oder Neumond ist, gibt es immer nur nachts ein tiefes Gezeitenpotential.
Im Winter dagegen, steht die Sonne südlich des Äquators, was dazu führt, dass sich diese tiefen Gezeitenpotentiale auf den Tag verschieben.
Bei diesen Bedingungen herrscht auf der Nordhalbkugel ca. ab dem 45. Breitengrad aufwärts am Tage dauerhaft das negative Gezeitenpotential, das, wie oben gezeigt, günstig für einige Holzeigenschaften ist. Man kann also den ganzen Tag über Bäume fällen, die die „Mondholz“ – Eigenschaften aufweisen. Nur in der Nacht wird das niedrige Gezeitenpotential unterbrochen, da zu der Zeit das der Sonne und dem Mond gegenüberliegende Potentialfeld zur Wirkung kommt.
In unserem 3D-Modell von Sonne, Mond und Erde versuchen wir, alles noch besser zu veranschaulichen.
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